Donald Trump galt lange als scharfer Kritiker von Bitcoin und bezeichnete Kryptowährungen als hoch volatil und ohne reale Grundlage. Heute steht er im Zentrum eines Vorwurfs, der deutlich schwerer wiegt: Das Weiße Haus sei laut Demokraten im Repräsentantenhaus zu einer Art privatwirtschaftlicher Krypto-Maschine umfunktioniert worden. Im Fokus steht ein Netzwerk aus Token-Projekten, Stablecoins, Spendenströmen und regulatorischen Eingriffen, das Trump und seiner Familie im ersten Halbjahr 2025 allein rund 800 Millionen US-Dollar eingebracht haben soll. Handelt es sich um eine echte Pro-Krypto-Agenda – oder um ein Beispiel politischer Selbstbereicherung?
Krypto als neues Machtzentrum im Weißen Haus
Seit seinem erneuten Einzug ins Oval Office wird Donald Trump in Verbindung mit einer Reihe von Krypto-Projekten gebracht, die parallel zu politischen Entscheidungen entstanden oder profitierten. Die Gesamtbewertung der Krypto- und Token-Bestände, die seiner Familie zugerechnet werden, liegt laut mehreren Schätzungen bei bis zu 11,6 Milliarden US-Dollar. Ein Großteil dieser Entwicklung basiert auf Verkäufen eigener Token, Beteiligungen an DeFi-Strukturen und steigenden Kursen nach pro-Krypto-Entscheidungen der Regierung.
Ein Bericht der House Democrats wirft schwere Vorwürfe auf: Trump habe regulatorische Schutzmaßnahmen gezielt abgebaut, Ermittlungen gegen bestimmte Unternehmen eingestellt und damit ein Umfeld geschaffen, das den eigenen Projekten starke Wettbewerbsvorteile verschafft.
Trump, Crypto and a New Age of Corruption
Report on how Trump profits from crypto deals (World Liberty Financial, memecoins, Trump Media etc) and $ from foreign actors & corp interests, while regulations scale back, from @HouseJudiciary https://t.co/jUiGYz1EtX pic.twitter.com/bD4CkVA2wZ
— Wendy Siegelman (@WendySiegelman) November 26, 2025
Die Kehrtwende Trumps vollzog sich schrittweise. Nach Jahren öffentlicher Kritik begann er 2022 mit dem Verkauf eigener NFTs. Im Präsidentschaftswahlkampf 2024 folgten Treffen mit Krypto-Unternehmern, Wahlkampfspenden aus der Branche und das Versprechen, die USA zur „Krypto-Hauptstadt der Welt“ zu machen. Kurz darauf entstanden mehrere neue Projekte unter direkter oder indirekter Beteiligung seiner Familie.
World Liberty Financial und das Herzstück der Krypto-Struktur
Mit World Liberty Financial entstand ein DeFi-Projekt, das Kreditvergabe, Tokenisierung und Stablecoins kombiniert. Die Trump-Familie hält hier laut Bericht große Anteile, darunter rund 22,5 Milliarden Governance-Token. Allein aus Verkäufen dieser $WLFI-Token sollen in den ersten sechs Monaten 2025 rund 463 Millionen Dollar geflossen sein. Möglich wurde dies vor allem nach seinem Wahlsieg, als das Projekt einen rapiden Zulauf verzeichnete.
Zu den Investoren zählen laut Bericht auch ausländische Akteure mit umstrittenem Hintergrund. Besonders hervorgehoben wird Justin Sun, der öffentlich hohe Summen investiert haben soll. Auch dubiose Fonds aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und mutmaßlich staatsnahe chinesische Verbindungen werden diskutiert.
USD1, Binance und geopolitische Verflechtungen
Ein weiteres Schlüsselelement ist der Stablecoin USD1, der durch kurzfristige US-Staatsanleihen gedeckt sein soll. Innerhalb weniger Monate erreichte er eine Marktkapitalisierung von fast 2,7 Milliarden US-Dollar. Berichte deuten darauf hin, dass Binance, trotz früherer Verurteilungen wegen Geldwäschevergehen, an der technischen Umsetzung beteiligt war und enge Beziehungen zu World Liberty Financial pflegte.
Brisant ist auch eine Verknüpfung mit einem staatlich gestützten Fonds der Vereinigten Arabischen Emirate, der USD1 zur Finanzierung großer Deals nutzen wollte. Kritiker sehen darin einen möglichen Verstoß gegen die US-Verfassung, da ausländische Regierungen so direkten finanziellen Einfluss auf den Präsidenten nehmen könnten. Im Bericht wird Changpeng Zhao zudem mit World Liberty Financial in Verbindung gebracht, einem Trump-nahen Krypto-Projekt, in das zuvor finanzielle Mittel geflossen sein sollen. Die spätere Begnadigung Zhaos wird deshalb von Kritikern als möglicher Interessenkonflikt gewertet und verstärkt das "Pay to Play"-Narrativ".
$TRUMP-Memecoin und das Prinzip „Zugang gegen Token“
Auch der eigene $TRUMP-Memecoin steht im Mittelpunkt der Kritik. Der Token erreichte kurz nach dem Launch ein Hoch von rund 75 US-Dollar, brach anschließend jedoch stark ein. Während frühe Käufer enorme Gewinne erzielten, verloren hunderttausende Wallets zusammengerechnet mehrere Milliarden Dollar. Die Trump-Familie soll dennoch rund 350 Millionen Dollar an Gebühren und Tokenwerten eingenommen haben.
Zusätzliche Kritik entstand, als große Token-Besitzer zu exklusiven Veranstaltungen und Dinnern mit dem Präsidenten eingeladen wurden. Mehr als die Hälfte der größten Halter sollen laut Auswertung aus dem Ausland stammen. Damit wurde der Token faktisch zu einem Instrument, mit dem politischer Zugang erkauft werden konnte.
Trump Media und strategische Krypto-Akkumulation
Parallel dazu baute die Trump Media & Technology Group eine eigene Bitcoin-Strategie auf. Rund 2,5 Milliarden US-Dollar sollen für eine Bitcoin-Treasury vorgesehen sein, von denen bereits etwa zwei Milliarden investiert wurden. Zudem ging das Unternehmen eine enge Partnerschaft mit Crypto.com ein, etwa zur Entwicklung von ETFs und Prognosemärkten auf Truth Social.
Growing evidence that this is the most corrupt White House in history.
Trump has tripled his net worth based on corrupt, illegal crypto schemes. Trading access to the White House and national security secrets for foreign investments that make money for him and his advisors. pic.twitter.com/bjWY2vpxcJ
— Chris Murphy 🟧 (@ChrisMurphyCT) September 16, 2025
Auffällig ist die zeitliche Nähe: Kurz nach Bekanntwerden dieser Kooperation stoppte die US-Börsenaufsicht ihre Untersuchungen gegen Crypto.com. Für Kritiker ein weiteres Indiz dafür, dass politische Macht und Krypto-Geschäft ineinander greifen.
Krypto, DeFi und der Verlust der ursprünglichen Vision
Ursprünglich stand DeFi für Dezentralisierung, Unabhängigkeit von Staat und Banken sowie für gleichberechtigten Zugang zu Finanzdienstleistungen. Jeder sollte ohne Mittelsmann am System teilhaben können. Die aktuelle Entwicklung zeigt jedoch ein gegenteiliges Bild: Statt Dezentralisierung entsteht eine neue Machtkonzentration – diesmal rund um Staaten, Großkonzerne und politische Eliten.
Die Verflechtung von politischer Macht und Krypto-Vermögen stellt die Gründungsidee der Szene infrage. Krypto wurde nicht zum Werkzeug der Unabhängigkeit, sondern zur Erweiterung bestehender Machtstrukturen. Genau darin sehen viele den eigentlichen Bruch mit dem ursprünglichen DeFi-Gedanken.
Ein Präzedenzfall für die Zukunft von Krypto
Der Bericht der House Democrats ist klar parteiisch, doch viele Zahlen und Zusammenhänge basieren auf externen Untersuchungen und öffentlichen Dokumenten. Unabhängig von der politischen Einordnung zeigt sich ein neuer Trend: Krypto wird zunehmend zur politischen und wirtschaftlichen Machtressource, mit extremem Einfluss auf Märkte, Regulierung und Vertrauen.
Ob daraus Konsequenzen folgen oder sich dieses Modell weltweit etabliert, bleibt offen. Klar ist jedoch: Der Fall Trump stellt einen Präzedenzfall dar, der die Rolle von Krypto zwischen Freiheitsversprechen und Machtinstrument dauerhaft verändern könnte.
coin-update.de