Zahlreiche Länder in Südostasien sind offen für neue Technologien. So sind auch Kryptowährungen und das Mining in den meisten Jurisdiktionen der Region unter regulierten Rahmenbedingungen gestattet. Die Behörden kämpfen jedoch zunehmend mit einer Schattenwirtschaft: illegales Bitcoin-Mining, finanziert durch Stromdiebstahl und häufig verknüpft mit transnationalen Betrugsstrukturen.
Malaysia: Stromdiebstahl in Milliardenhöhe
Malaysia ist eines der am stärksten betroffenen Länder in der Region. Bitcoin-Mining ist dort grundsätzlich legal, solange Strom regulär bezogen und Steuern gezahlt werden. Doch die Behörden liefern sich seit Jahren ein Katz-und-Maus-Spiel mit illegalen Bitcoin-Minern, die große Mengen Strom stehlen.
Mithilfe von Drohnen, Wärmesensoren und Hinweisen aus der Bevölkerung spüren Ermittler geheime Mining-Standorte auf, die oft in ehemaligen Industrieanlagen oder verlassenen Häusern verborgen sind. Die Miner reagieren mit ausgeklügelten Tarnmethoden wie Hitzeschildern, Überwachungskameras, regelmäßigen Standortwechseln und Audiotechnik – etwa künstlichen Vogelgeräuschen, die das Brummen der Mining-Rigs übertönen sollen.
In den vergangenen fünf Jahren wurden in Malaysia rund 14.000 illegale Mining-Standorte registriert. Der staatliche Energieversorger Tenaga Nasional Berhad (TNB) beziffert den finanziellen Schaden durch Stromdiebstahl auf etwa 1,1 Milliarden US-Dollar (4,57 Milliarden RM).
In diesem Jahr sind die Fälle von Stromdiebstahl im Zusammenhang mit Kryptowährungen noch einmal drastisch angestiegen:
- Anfang Mai meldeten malaysische Behörden einen Anstieg der Fälle um 300 %.
- Die malaysische Polizei beschlagnahmte 45 ASICs im Wert von etwa 52.000 US-Dollar, die den staatlichen Energieversorger monatlich mehr als 8.300 US-Dollar (36.000 RM) an gestohlenem Strom kosteten.
- Anfang Oktober wurden rund 3.000 neue Fälle registriert.
Die Regierung verschärft nun ihr Vorgehen und hat am 19. November einen behördenübergreifenden Sonderausschuss eingerichtet, um illegale Betreiber effizienter zu bekämpfen. Auf der ersten Sitzung am 25. November wurde sogar der Betrieb legaler Mining-Anlagen infrage gestellt – bis hin zu Diskussionen über ein vollständiges Verbot des Minings.
In Bezug auf die rechtswidrigen Mining-Aktivitäten warnt Akmal Nasrullah Mohd Nasir, Vorsitzender des Ausschusses und stellvertretender Energieminister, dass illegales Mining nicht nur Diebstahl darstelle und staatliche Ressourcen binde, sondern auch die nationale Energieinfrastruktur gefährden könne.
Akmal vermutet zudem, dass kriminelle Syndikate hinter den illegalen, aber professionell betriebenen Anlagen stecken. In anderen Ländern in der Region hat sich diese Vermutung bereits bestätigt, wie zum Beispiel in Thailand.
Thailand: Mining und Scam-Netzwerke
Am 2. Dezember 2025 kam es in Thailand zu einer der größten Beschlagnahmungen illegaler Mining-Ausrüstung der Landesgeschichte. Nach Razzien in sechs Anlagen in der Provinz Samut Sakhon und einer weiteren in Uthai Thani stellten thailändische Ermittler 3.642 Mining-Rigs und zusätzliche Hardware im Gesamtwert von 8,6 Millionen US-Dollar sicher.
Die Mining-Anlagen waren professionell eingerichtet – in schallisolierten Containern und mit Wasserkühlung.
Die Behörden verfolgten die Spur zu „chinesischen transnationalen Betrugsnetzwerken“, die von Myanmar aus operieren und sich über Kambodscha, Laos, Thailand und weitere Länder erstrecken. Aus diesem Grund hat Thailand China um Unterstützung bei der Ausweitung der Ermittlungen gebeten.
Bisher haben die Ermittler festgestellt, dass die Anlagen nicht nur die Stromnetze belasteten und Bitcoin mit gestohlener Elektrizität erzeugten, sondern auch der Verschleierung von illegalen Geldern durch frisch geschürfte Coins dienten. Angeblich sollen Finanzströme in Höhe von über 143 Millionen US-Dollar (5 Milliarden Baht) durch die Anlagen gewaschen worden sein.
Mining und organisiertes Verbrechen
Die Fälle in Thailand und Malaysia können nicht mehr nur als vereinzelte Stromdiebstähle betrachtet werden. Sie verdeutlichen ein wachsendes Problem in Südostasien: Kriminelle transnationale Syndikate, die Betrugs- und Zwangsarbeitslager in Myanmar, Kambodscha, Laos und Thailand betreiben, investieren zunehmend in Rechenzentren und Mining-Anlagen, um ihre Operationen widerstandsfähiger zu machen.
Sie nutzen ASICs, um gestohlenen Strom direkt in Bitcoin umzuwandeln und schmutziges Geld mit den vermeintlich „sauberen“ Einnahmen zu waschen.
Damit werden immer mehr Mining-Anlagen in Südostasien zu kritischer Infrastruktur internationaler krimineller Netzwerke. Viele stehen hinter Briefkastenfirmen oder komplexen Unternehmensstrukturen, was die Ermittlungen zusätzlich erschwert.
Das erinnert stark an den LuBian-Mining-Pool, der als zentraler Bestandteil der Geldwäsche-Infrastruktur des globalen Scam-Netzwerks von Chen Zhi und der Prince Group fungiert haben soll. Dabei wurden illegale Gelder mit frisch geschürften Coins zum Zweck der Geldwäsche vermischt, was dazu führte, dass die USA mehr als 127.000 BTC konfiszierten.
Globale Strafverfolgung
Die zunehmende Verknüpfung von transnationaler Cyberkriminalität, Geldwäsche und Mining-Infrastruktur bleibt auch internationalen Strafverfolgungsbehörden nicht verborgen:
- Die Abteilung der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) bezeichnete Mining zuletzt als mächtiges Geldwäschewerkzeug für kriminelle Gruppen aus Ost- und Südostasien.
- Interpol stuft Scam-Netzwerke inzwischen als transnationale kriminelle Bedrohung ein.
- Auch die USA gründeten die „Scam Center Strike Force“, eine Spezialeinheit zur Bekämpfung chinesisch geführter Kryptobetrugsnetzwerke.
Der Kampf gegen illegales Mining verschärft sich, doch der härtere Kurs der Behörden dürfte illegale Miner kaum stoppen – sie werden wahrscheinlich einfach dorthin ausweichen, wo die Kontrolle schwächer ist.
Und auch wenn die Ausnutzung des Minings durch kriminelle Netzwerke das Bild von Bitcoin trübt und seinen Kritikern neue Argumente liefert, bleibt seine Rolle weitaus größer: Das Mining schützt ein globales, zensurresistentes Finanznetzwerk und eröffnet neue Wege für effizientere Energie- und Wärmenutzung. Gerade diese Chancen wiegen schwerer als die Schattenseiten.