Der Krypto-Lender Abra scheint zu straucheln. Zahlreiche Kunden berichten, dass ihnen seit Juni der Zugriff auf ihre Einlagen verwehrt bleibt. Abra verwaltet laut eigenen Angaben Assets im Wert von über 700 Millionen US-Dollar. Diesen Erfahrungsberichten von Nutzern folgte laut Medienberichten eine E-Mail des Anbieters, in der die Kunden darüber informiert wurden, dass der Service von Abra Earn mit sofortiger Wirkung pausiert wird. Ein Grund nannte man in dem Schreiben nicht, wohl aber, dass eine externe Ursache für die Umstände verantwortlich sei und daher außerhalb des Einflusses des Unternehmens liegt.
Die Nachricht ist deshalb besorgniserregend, weil die Umstände an die Pleite des Krypto-Lenders Celsius Network erinnern. Auch im Fall von Celsius häufte sich zunächst negatives Kunden-Feedback bevor schließlich die Auszahlungen ausgesetzt wurden. Besonders pikant war das Verhalten des Ex-CEOs Alex Mashinsky, der damals öffentlich versicherte, dass alle Einlagen sicher sind und der Geschäftsbetrieb von Celsius nicht beeinträchtigt war. Mashinsky wurde 2025 wegen Betrugs von einem US-Gericht zu 12 Jahren Haft verurteilt.
Weil die Krypto-Szene bereits ein solches Debakel durchlebt hat, ist auch die öffentliche Stellungnahme des Abra-CEOs nicht sonderlich hilfreich. Dieser verortet das Problem an vollkommen anderer Stelle und widerspricht den Medienberichten.
Alles nur Clickbait?
Via X meldete sich CEO Bill Barhydt zu Wort und gab den Medien die Schuld an den derzeit kursierenden Berichten. Demnach würde man eine Problematik aufbauschen, die nur eine kleine Gruppe von Kunden im internationalen Umfeld betrifft. Abra hat seinen Hauptsitz in den USA und unterliegt dort der Aufsicht durch die SEC, wie Barhydt weiter ausführte. Weiterhin merkte er an, dass sich das Unternehmen schnellstmöglich an betroffene Kunden wenden werde, um die Probleme zu lösen.
Abra wurde bereits erfolgreich verklagt
Der Hintergrund liegt weniger in aktuellen Gerüchten oder Einzelfällen, sondern vielmehr in der strukturellen Risikobehaftung des Geschäftsmodells. Abra bietet Anlegern unter anderem an, Kryptowährungen wie Bitcoin zu verleihen, um Zinsen zu erzielen. Dieses zentralisierte Krypto-Lending-Modell ist jedoch anfällig für Liquiditätsengpässe, wie sie bereits den Zusammenbruch von Celsius, BlockFi und anderen Plattformen ausgelöst haben.
Besonders relevant ist eine Klage des Texas State Securities Board aus dem Jahr 2023. Die Behörde warf Abra unter anderem Wertpapierbetrug vor, da das Unternehmen unregistrierte Renditeprodukte vertrieb und Investoren dabei über Risiken und Solvenzlage täuschte. Laut dem TSSB war Abra bereits im März 2023 nahezu insolvent. Im Zuge der Ermittlungen wurde dem Unternehmen die Fortführung bestimmter Geschäftsbereiche in Texas untersagt.
Im Januar 2024 kam es zu einem Vergleich, der Abra zur Rückzahlung der Kundeneinlagen verpflichtete. Dieses Abkommen wurde später Teil einer größeren multistaatlichen Einigung, an der sich 25 US-Bundesstaaten – darunter auch Georgia – beteiligten. Im Rahmen dieser Vereinbarung verzichteten die Behörden auf Strafzahlungen, sofern Abra insgesamt über 82 Millionen US-Dollar an betroffene Kunden zurückzahlte.
Besonders brisant: CEO Bill Barhydt wurde persönlich haftbar gemacht und darf in den betroffenen Staaten für mehrere Jahre keine vergleichbaren Finanzdienste mehr anbieten.