Im letzten Krypto-Zyklus, der im Jahr 2021 bei einem Bitcoin-Preis von 69.000 Dollar seinen Höhepunkt gesehen hat, wurde der institutionelle Stein durch die ersten Bitcoin-Käufe großer Unternehmen ins Rollen gebracht. Im Fokus standen dabei der Elektroautobauer Tesla und vor allem das ehemalige Finanzanalyse-Unternehmen MicroStrategy. Michael Saylor wird von vielen im Krypto-Sektor als Pionier angesehen, da er als erster institutioneller Investor den Schritt gewagt hat und eine All-In-Strategie in Bitcoin eingegangen ist.
Die institutionelle Adaptionswelle ist – mit etwas Verspätung – eingetroffen
Der damalige Zyklus war infolge geprägt von der Hoffnung, dass dieser Schritt eine Welle an institutionellem Kapital auslösen und den Bitcoin-Preis in ungeahnte Höhen treiben würde. Es sind jedoch im weiteren Verlauf nur wenige dem Beispiel gefolgt und der anschließende Bärenmarkt hat viele enttäuschte Anleger zurückgelassen.
Anders sieht das Bild in diesem Zyklus aus. In den USA, dem wichtigsten Finanz-Standort der Welt, hat sich der regulatorische Wind komplett gedreht und die aktuelle Regierung unterstützt den Krypto-Sektor aktiv. Zudem hat die Zulassung der Bitcoin-Spot-ETFs im Jahr 2024 eine dringend benötige regulatorisch klare Infrastruktur geschaffen, die es vielen traditionellen Anlegern überhaupt erst ermöglicht hat, in Bitcoin zu investieren.
MicroStrategy hat sich vom Vorreiter ebenfalls zu einer tragenden Infrastruktur-Säule gewandelt, da das Unternehmen vollständig zu einem Geschäftsmodell als Bitcoin-Treasury-Anbieter gewechselt ist. Anleger, die indirekt in Bitcoin investieren wollen, machen dies in großer Zahl über die MicroStrategy-Aktie. Bemerkenswert ist dabei die aggressive Kaufstrategie des Unternehmens. Mittlerweile beläuft sich der Bestand auf über 580.000 Bitcoins. MicroStrategy finanziert die Käufe über die Aufnahme von Fremdkapital – zum Teil über die Ausgabe von neuen Aktien, zum Teil über die Ausgabe von Wandelanleihen.
MicroStrategy ist jedoch bei weitem nicht mehr das einzige Unternehmen, das Bitcoin in sein Balancesheet aufgenommen hat. Laut Daten des Anbieters Bitbo besitzen mittlerweile mehr als 130 Unternehmen Bitcoin-Bestände. Dazu gehören sowohl börsengelistete Unternehmen als auch Privatunternehmen, ETF-Anbieter und Mining-Unternehmen.
Eine neue Dynamik setzt ein
In den letzten Monaten ist sowohl die Anzahl an Unternehmen mit Bitcoin-Beständen gewachsen als auch die Geschwindigkeit, mit der die Bestände ausgebaut werden. Laut dem Krypto-Analysten Kyle Chassé haben mehr als 60 Unternehmen in den letzten zwei Monaten ihre Bestände verdoppelt.
Neben MicroStrategy sind – abseits der großen Mining-Unternehmen – seit 2025 einige weitere relevante Bitcoin-Halter dazu gekommen. Die japanische Firma Metaplanet hat ihre Bitcoin-Bestände in diesem Jahr massiv erweitert. Metaplanet nutzt Nullkupon-Anleihen und Put-Optionen, um Käufe effizienter zu gestalten, und gehört zu den Top-10 Bitcoin-Haltern weltweit. Das Unternehmen besitzt Stand Juni 2025 eine Position von 8.888 Bitcoins.
Auch die Trump Media und Technology Group hat eine große Ankündigung gemacht und plant eine Investition von 2,5 Milliarden Dollar über die Aufnahme von Fremdkapital (Aktien und Wandelanleihen), um eine Bitcoin-Reserve aufzubauen. Die Spieleverleih-Firma Gamestop besitzt ebenfalls einen Bestand von etwa 4.700 Bitcoins, ebenfalls finanziert durch Aktien- und Anleiheemissionen. Immer mehr Unternehmen folgen dieser Strategie und kündigen den Aufbau von Bitcoin-Beständen an, finanziert durch Aktien- und Anleiheemissionen. Kritiker sehen diese Strategie als riskant an, da eventuelle Kursrückgänge von Bitcoin zu Abschreibungen oder im schlimmsten Fall zu Margin Calls führen und Turbulenzen an den Finanzmärkten verursachen können.
Wer kauft die ETFs?
Während immer mehr Firmen auf die Strategie setzen, direkte Bitcoin-Bestände aufzubauen und diese über Fremdkapital zu finanzieren, machen Retail-Investoren den Großteil der bisherigen ETF-Käuferschaft aus, mit Schätzungen von bis zu 80 Prozent aller Käufer. BlackRock hat Angaben gemacht, dass etwa 75 Prozent des Ishares Bitcoin Trust Krypto-Enthusiasten sind, die neu an der Wallstreet sind und zuvor noch nie ein traditionelles Finanzprodukt gekauft haben.
Was sagt diese Dynamik aus?
Die ETFs haben den allgemeinen Zugang zu Bitcoin sehr viel einfacher und bequemer gemacht. Das gilt vor allem für Privatpersonen, die sich zuvor wenig mit den technischen Aspekten der Blockchain-Welt auseinandersetzen konnten oder wollten. Gleichzeitig hat die Zulassung der ETFs Bitcoin als Asset weiter legitimiert und an der Wallstreet salonfähig gemacht.
Die wachsende Zahl an Unternehmen, die Bitcoin direkt in ihre Balancesheets aufnehmen, deutet jedoch auf eine nachhaltige Veränderung der Wahrnehmung von Bitcoin hin. Das jahrzehntelang dominierende Dollar-System wird aufgrund geopolitischer Machtverschiebungen – zumindest im Ansatz – infrage gestellt. Gleichzeitig gerät die finanzielle Stabilität der aktuellen Supermacht USA immer mehr ins Wanken. Das Schuldenproblem, welches jahrelang aufgrund der Vormachtstellung des Dollars kein wirkliches Problem war, wird nun doch zu einer realen Gefahr und setzt die Anleihemärkte unter Druck.
In diesem Umfeld werden die fundamentalen Eigenschaften von Bitcoin als alternatives Zahlsystem und Wertspeicher zunehmend attraktiver, während der spekulative Charakter der Kryptowährung sich abschwächt. Dynamiken bei der Adaption von neuen Technologien und Netzwerken entwickeln sich nicht linear, sondern passieren ruckartig. Im letzten Zyklus wurde der Stein durch Vorreiter wie MicroStrategy ins Rollen gebracht. Die zum Positiven veränderten regulatorischen Rahmenbedingungen, die Zulassung der ETFs und eine wachsende Instabilität der traditionellen Finanzmärkte scheinen gerade zu einem Kipppunkt zu führen, bei der die Bitcoin-Adaption in eine Dynamik geraten kann, bei der immer mehr Unternehmen sich ein Wettrennen darum liefern, sich vorteilhaft zu positionieren.
Neben steuerlichen und liquiditätsbedingten Vorteilen ist es auch aus fundamentaler Sicht sinnvoll, Bitcoin-Reserven über Fremdkapital aufzubauen, da der Dollar sich auf dem absteigenden Ast befindet, während Bitcoin langfristig immer stärker im Wert zunimmt. Die Kosten für den Aufbau dieser Reserven könnten sich über die Zeit negieren, sollte der Dollar-Verfall anhalten oder sich noch beschleunigen, während Bitcoin zunehmend in seine neue Rolle hineinwächst. Je mehr Unternehmen dieses Potenzial erkennen, desto schneller kann sich diese Dynamik entfalten.
Die spannende Frage ist, ob Bitcoin bereits einen Punkt erreicht hat, an dem sich diese Dynamik nicht mehr aufhalten lässt. Es spricht einiges dafür, da die Schulden-Situation der USA keinen einfachen Ausweg mehr zulässt und eine weitere Geldmengenausweitung als Bekämpfung des Problems sehr wahrscheinlich ist, während immer mehr Unternehmen sich bereits entsprechend positionieren und das Rennen um Bitcoin defacto eröffnet ist.